Aus Die Erfüllung aller Wünsche - 2. Kapitel: Die Erfüllung aller Wünsche
Du bist für den Sieg geschaffen; du bist dazu geboren zu überwinden, eine hervorragende Rolle in dem großen Spiel des Lebens zu spielen. Aber du kannst nichts Großes oder Erhabenes vollbringen, solange du nicht selbst von dir und deinen Fähigkeiten fest überzeugt bist.
Durch unsre Wünsche stellen wir Beziehungen zu den Gegenständen unsrer Wünsche her, zu dem, was uns am meisten erfüllt, wonach wir uns mit aller Glut unsres Herzens sehnen, und die Erfüllung unsrer Wünsche steht im Verhältnis zu der Stärke und Beharrlichkeit unsres Sehnens und unsrer verständigen Anstrengungen, dieses Sehnen zu verwirklichen.
Ein Magnet zieht nur an, was von Eisenerz gemacht ist; er zeigt keinerlei innere Verwandtschaft für Holz, Kupfer, Gummi oder irgendeinen andern Stoff, der kein Eisen enthält. Auch die Menschen sind Magnete, und gerade wie der Stahlmagnet nur die Gegenstände anzieht, für die er eine innere Verwandtschaft hat, so ziehen auch wir an uns und stellen Beziehungen her zu den Dingen und Menschen, die unsern Gedanken und Sehnsuchtsbildern entsprechen.
Der große Fehler bei allen, die mit traurigen, unglücklichen Lebensumständen zu kämpfen haben, ist der, dass sie sich in irgendeiner Weise von dem großen magnetischen Mittelpunkt der Schöpfung entfernt haben. Sie denken nicht richtig und ziehen darum auch nicht die richtigen Dinge an sich.
„Du musst das denken, was du haben willst.“ In diesen wenigen Worten liegt die tiefste Weltweisheit verschlossen. Denke die Dinge, die du dir wünschst, klar, beharrlich, richte die ganze Kraft deines Gemütes darauf und strebe danach mit all deiner Tatkraft. Auf diese Weise machst du dich zu einem Magnet für die Dinge, die du dir wünschst. Aber sobald du anfängst zu zweifeln, zu sorgen, zu fürchten, da hast du dich entmagnetisiert, und die Dinge, die du dir wünschst, weichen von dir zurück. Du treibst sie durch den Zustand deines Gemütes von dir weg. Sie können sich dir nicht nähern, denn du entfernst dich ja selbst vorsätzlich von ihnen. Du gehst in einer Richtung, und die Dinge, die du dir wünschst, gehen in der entgegengesetzten.
Wie entmutigend auch jetzt deine Aussichten sein mögen, wie düster deine Zukunft zu sein scheint, halte fest an deinen Wünschen, und du wirst ihre Erfüllung erlangen. Mal dir die vollkommensten Lebensbedingungen aus, vergegenwärtige dir den Erfolg, den du gerne erzielen möchtest, denke dir, du habest die Stellung bereits erreicht, nach der dein Ehrgeiz strebt. Erkenne keine Schranke an, dulde keine andre Vorstellung in deinem Innern als den Erfolg, den du ersehnst, die Lebensbedingungen, die du erstrebst. Stelle dir deine Wünsche als bereits erreicht vor und halte mit aller Zähigkeit, deren du fähig bist, an dieser Vorstellung fest. Das ist der Weg, auf dem du die Schwierigkeiten, die vor dir sind, überwinden kannst, die Art, wie sich die Tür aufstoßen lässt zu der höheren Stellung, zu den besseren und glänzenderen Lebensbedingungen.
Ein Grund, warum so viele unter uns ein enges und gedrücktes Dasein führen, ist der, dass wir uns fürchten, unsern Wünschen, unserm Streben freie Bahn zu lassen, sie uns voll zu vergegenwärtigen. So sehr sind wir daran gewöhnt, unser Vertrauen nur in Dinge zu setzen, die wir mit den Sinnen erfassen können, dass es uns sehr schwierig ist, uns klar zu machen, wo unsre Hauptkraft, die wirkt und vollbringt, eigentlich ihren Sitz hat, nämlich in unserm Innern. Statt uns in dem Besitz der Dinge zu glauben, die wir wünschen, glauben wir nur an unsre Grenzen und Schranken. Wir entmagnetisieren uns durch unrichtiges Denken und durch Mangel an Glauben. Wir sehen nur die Hindernisse auf unsrem Pfad und vergessen, dass der Mensch, der mit Gott zusammen arbeitet, größer ist als jedes Hindernis, das sich seinem Willen in den Weg stellen könnte.
Benjamin Disraeli wusste das wohl, als er sagte: „Der Mensch ist nicht das Geschöpf der Umstände, die Umstände sind die Geschöpfe des Menschen“, und sein eigenes Leben hat die Wahrheit dieses Spruches bewiesen. Trotz anderer Nationalität und anderem Glauben und noch andern Umständen, die ihm zu Beginn entschieden hindernd im Weg standen, hat der junge entschlossene Jude doch alle Hindernisse überwunden und sein Ziel erreicht. Er ist Erster Minister von England geworden, und die Königin Viktoria hat ihn zum Earl of Beaconsfield ernannt. Wie oft wird von einem Menschen gesagt, „ihm gelingt alles“, oder „was er berührt, wird zu Gold“. Warum? Weil sich der Mann unausgesetzt den Erfolg seines Unternehmens vor Augen hält und dieses Traumbild durch seine Anstrengungen zu verwirklichen strebt. Durch dieses zähe Festhalten, diese unverrückbare Entschlossenheit macht er sich zu einem kräftigen Magnet, der an sich zieht, was er wünscht. Bewusst oder unbewusst nützt er die Götterkraft, durch die jeder Mensch sich und seine Umgebung nach dem Vorbild in seinem Innern erschaffen kann.
Warum nützt du deine Göttlichkeit nicht, dich zu dem zu machen, was du sein möchtest? Warum hältst du nicht fest an dem Urbild deiner selbst, wie du es in deinen erhabensten Augenblicken vor dir siehst, und bist entschlossen, dieses Urbild zur Wirklichkeit zu machen? Es ist einzig und allein die Sache des richtigen Denkens. So oft wir uns das Ding, das wir ersehnen, vergegenwärtigen, so oft wir uns in Gedanken in der Stellung sehen, die wir erstreben, bilden wir eine Gewohnheit, die dazu führen wird, diese unsre erhabensten Augenblicke dauernd, unser Urbild zur Wirklichkeit zu machen.
Die Ausnützung unserer Kraft, Urbilder zu erschaffen und diese in die Wirklichkeit zu überführen, ist dazu bestimmt, die ganze Welt umzuwälzen, denn wir bauen unser Leben durch unsre Vorstellungen. Diese Fähigkeit, im Geist zu bauen, ist der Weg zum Erfolg, die Straße, die zum Tausendjährigen Reich führt. Wir können nichts erreichen, nichts tun, nichts hervorbringen außer durch eine Vorstellung, ein Urbild.
Die Gedankenlosen, die Unwissenden, die Gleichgültigen, die nur die augenfällige Wirkung der Dinge und nicht die Dinge selbst sehen, reden von Zufallserfolg und Glücksfällen. Sehen wir zu, wie ein Mann reich wird, so sagen sie: „Was der Glück hat!“ Fängt einer an, sich auf geistigem Gebiet auszuzeichnen, so sagen sie: „Er ist hochbegabt!“ Und wenn sie die Güte des Charakters und den bedeutenden Einfluss eines Dritten beobachten, machen sie die Bemerkung: „Der Zufall kommt ihm überall zu Hilfe.“ Die Mühen und Anstrengungen und Misserfolge, die diese Männer auf sich genommen haben, die sehen sie nicht, sie ahnen nichts von ihren Opfern, ihrem nimmermüden Streben, ihrem unverrückten Glauben, das anscheinend Unüberwindliche überwinden, ihr Urbild verwirklichen zu können.
Der Grund, warum es so vielen nicht gelingt, ihr Urbild zu verwirklichen, ist der, dass sie das Ihrige nicht dazu tun mögen. Man darf nicht vergessen, dass die Sehnsucht, der Wunsch nach einem bestimmten Ding erst den Samen sät. Wer sich damit begnügt, kann auf keine größere Ernte hoffen als der Landmann, der den Samen in den Boden legt, ohne den Boden erst zubereitet und gedüngt zu haben und ohne das Unkraut niederzuhalten.
Du musst den Wünschen deines Herzens eine Stütze und einen Halt geben durch den festen und unerschütterlichen Vorsatz, dein Bestes zu tun, sie zur Wirklichkeit zu machen. Der Wunsch allein, wie zäh er auch festgehalten sein mag, verwirklicht sich nicht von selbst. Du musst nicht nur den Samen des Wünschens und Sehnens säen, du musst auch das Graben und Düngen, Begießen und Unkrautjäten ernsten Strebens besorgen, sonst wirst du nur Disteln ernten. Ein fortgesetztes Nähren und Pflegen unsrer Herzenswünsche durch unausgesetzte tätige Bemühungen ist der einzige Weg, sie zur Wirklichkeit zu machen.
Wenn es der Ehrgeiz eines Menschen ist, ein Wirtshaus zu besitzen und Schnaps zu verkaufen oder eine Spielhölle sein zu nennen, und er arbeitet daran mit allen Kräften seines Geistes und seines Körpers, so wird es ihm gelingen, genau so, wie dem Mann, der in gleicher Weise daran arbeitet, Lehrer oder Missionar zu werden. Dasselbe Sichversenken, Sichsammeln auf einen Punkt, dasselbe Denken und Träumen und Streben wird in jedem Beruf, dem des Richters, des Arztes, des Ingenieurs, des Gelehrten, des Landmannes denselben Erfolg zeitigen. Der Grundgedanke ist der, dass das unausgesetzte Träumen und Streben, das rasche Wahrnehmen jeder günstigen Gelegenheit, das beständige Sichvergegenwärtigen des ersehnten Dinges unbedingt den gewünschten Erfolg hervorbringe. Das Gesetz ist das gleiche und an sich weder moralisch noch unmoralisch; der Gegenstand, auf den sich die Wünsche sammeln, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit dieses Gesetzes. Ob es das edle Traumbild einer Jungfrau von Orleans oder eines Savonarola ist oder ein ganz selbstsüchtiger und unwürdiger Zweck, die anziehenden, aufbauenden Kräfte werden genau dasselbe zu seiner Verwirklichung tun.
Das, woran wir am häufigsten denken, das webt sich unausgesetzt in das Gewebe unsres Lebenslaufes hinein, wird ein Teil unsrer selbst und steigert die Kraft unsres geistigen Magnets, die Dinge anzuziehen, die wir am glühendsten wünschen.
Wenn ein Baumeister den Plan des Gebäudes, das er errichten will, betrachtet, dann sieht er nicht diesen Plan allein. Er sieht das ganze, noch unsichtbare Gebäude; das Geschöpf seiner Vorstellungskraft, seines Geistes sieht er. Was der gezeichnete Plan seinen Augen zeigt, ist keineswegs die Wirklichkeit. Er sieht im Geist das Gebäude in allen seinen Einzelheiten vor sich. Wenn er es nicht jetzt schon so schaute, könnte es niemals zur Wirklichkeit werden. Wenn er nichts sehen könnte, als den gezeichneten Plan, wäre er kein Baumeister.
Das Zimmerwerk deines Lebensgebäudes ist unsichtbar. Es steht auf einem geistigen Plan gezeichnet. Du legst den Grund deiner Zukunft, steckst ihre Grenzen ab durch die Erwartungen, die du dir innerlich vergegenwärtigst. Du kannst nichts Größeres tun als das, was du in deinem Innern geplant hast. Der geistige Plan kommt stets zuerst. Das Gebäude deiner Zukunft wird nur die Ausführung im Einzelnen von dem sein, was du dir heute vorstellst. Die Zukunft ist nur eine Erweiterung der Gegenwart. Eben jetzt erschaffst du dir durch deine Art zu denken, durch deinen vorherrschenden geistigen Zustand deinen Platz im Leben. Du weist dir selbst deinen Platz an, du selbst bestimmst, was du sein wirst. Mit andern Worten, jetzt eben entscheidest du über deine Zukunft, stellst fest, was deine Stellung in der Welt sein wird. Und dein Platz in der Welt wird breiter werden und sich ausdehnen, oder enger, gedrängter und rauher werden, je nachdem dein geistiger Plan beschaffen ist, das Urbild, das du in dir siehst.
Die einzige Welt, von der du je etwas wissen wirst, die einzige in diesem Augenblick für dich wahre Welt ist die, die du in deinem Geist erschaffst, die, deren du dir bewusst bist. Die Umgebung, die du dir aus deinen Gedanken, deinem Glauben, deinen Träumen und Vorstellungen, deiner Weltanschauung bildest, ist die einzige, in der du je leben wirst.
Wonach du dich sehnst, in der Richtung gehst du, und der Gedanke, der dich beherrscht, der Beweggrund, der bei dir an erster Stelle steht, sie ziehen das ihnen Verwandte an. Ein junger Mensch zum Beispiel, der vom Lande in die Stadt kommt, um sein Glück zu machen, strebt den Dingen zu, die in seinem Geist vorherrschen. Vielleicht kennt er keine einzige Menschenseele in der ganzen Stadt, aber in kurzer Zeit findet er sich in der Gesellschaft Gleichgesinnter, unter Menschen, deren Geschmack, deren Wünsche, deren Neigungen mit den seinen übereinstimmen. Er hat das ihm Verwandte an sich gezogen.
Der eine junge Mensch denkt nur ans Vergnügen, er strebt dem Wirtshaus, dem Tanzboden, dem Spieltisch zu. Ein andrer hat keinen höheren Wunsch als den, sich zu bilden, er strebt den verschiedenen Bildungsstätten, vielleicht auch der Kirche zu. Er besucht die Abendschulen, die Bibliotheken, hört Vorträge, sucht sich in jeder Weise zu unterrichten und ein so weitschauender, so gebildeter Mann zu werden, als es irgend möglich ist.
Ganz dasselbe ist von den Mädchen zu sagen. Auch sie streben ihren Wünschen, ihren Traumbildern, den Dingen zu, worauf sie ihr Herz gesetzt haben. Ob durch ihre Schwäche oder durch ihre Stärke, sie werden nach der Richtung gezogen, nach der ihre Gedanken gehen, ob diese nun gut sind oder böse.
Ein geistiger Magnet kann nicht die entgegengesetzten Eigenschaften anziehen. Er kann nur anziehen, was ihm selbst ähnlich ist, und es steht bei uns, die Güte unsres Magnets zu bestimmen. Wir können ihn mit Hass, Eifersucht, Neid und Rachsucht erfüllen; wir können in erstaunlich kurzer Zeit den Magnet, der Gutes angezogen hat, ins Gegenteil verkehren, so dass er nun Schlechtes anzieht. Es ist in unsre Hand gegeben zu bestimmen, welcher Art der magnetische Strom sein soll, der von uns ausgeht; aber das Gemüt ist und bleibt jederzeit ein Magnet, der eine Kraft ausströmt und etwas anzieht, und dieses Etwas, das zu uns zurückströmt, entspricht jederzeit dem geistigen Strom, der von uns ausgegangen ist. Kurz gesagt, das, was in diesem Augenblick in deiner Seele wohnt, das lädst du ein, zu dir zu kommen, in dir und mit dir zu leben. Der Argwohn zieht den Argwohn an, die Eifersucht noch mehr Eifersucht, der Hass vermehrten Hass, genau wie der Liebe auch wieder Liebe entgegenkommt, der Freundlichkeit mehr Freundlichkeit, und wie Mitgefühl und Teilnahme für alle Menschen dieselben Eigenschaften andrer dir gegenüber anziehen und deine Beliebtheit und deine anziehende Kraft mehren. Wir bauen, während wir denken; unser Leben folgt unsern Gedanken. Wie wir denken, so sind wir; unsre Persönlichkeit und unsre Welt sind begrenzt durch die Spannweite unsrer Gedanken. Über diese Selbstbeschränkung können wir niemals hinauskommen. Viele Menschen zwängen sich durch ihre trüben Gedanken und Befürchtungen selbst in so enge Schranken ein, dass ihre göttlichen Kräfte und Möglichkeiten vollständig verkrüppeln. Sie wollen nicht glauben, dass ihnen je werde, was ihnen mit Recht zusteht. Immerwährend beklagen sie sich, vergegenwärtigen sich die ärmlichen Bedingungen, unter denen sie leben, ihren Mangel an guten Freunden, an Teilnahme, an Liebe, an günstigen Gelegenheiten, an allem Wünschenswerten. Sie machen sich nicht klar, dass sie ihre eigenen Gefängniswärter sind, dass sie selbst sich in diesen widrigen Umständen festhalten. Sie haben nicht gelernt, sich zu einem Magnet dessen zu machen, was sie sich wünschen. Sie wissen nicht, dass alles, was uns zusteht, auch nach uns sucht und zu uns zu kommen strebt, irdisch Gut, Freunde, Liebe, Glück und jeder andre erlaubte Wunsch, wenn wir das alles nicht durch feindliche entgegengesetzte Gedanken selbst von uns treiben.
Wenn du nicht glaubtest, dass du gehen kannst, dann könntest du auch nicht gehen, denn dann würdest du es gar nicht versuchen. Wenn du nicht an deine Macht glaubst, zu erlangen, was du dir wünschst, dann wirst du es auch nicht erlangen. Wenn du nicht dein Sehnen ermutigst und an deine Kraft, es zu verwirklichen, glaubst, wirst du nie seine Befriedigung erlangen. Du kannst dich niemals über deine jetzigen Lebensumstände erheben, wenn du nicht glaubst, dass du es kannst. Die Grenze deiner Gedanken ist auch die Grenze deiner Möglichkeiten. Das beschränkte Urbild, das du dir von dir selbst gemacht hast, beschränkt auch, was aus dir werden kann. Nie kannst du dich über dein eigenes Urbild und deinen Glauben an dieses Urbild hinaus erheben.
Viele sind niemals imstande zu erklären, wie es ihnen möglich gewesen ist, ihre äußerst bedrängte Lage, die gewaltigen Schwierigkeiten, die sich ihnen beim Beginn ihrer Laufbahn in den Weg stellten, zu überwinden. Aber sie ließen nicht ab zu streben, verloren ihr Urbild, ihren Leitstern niemals aus dem Gesicht, diesen Engel des Erfolgs, der sie endlich siegreich durch das dunkle Tal der Schwierigkeiten und Widerstände leitete, aus den Sümpfen der Entmutigung hinauf zu den Höhen, wo die Luft rein und die Aussicht weit ist, wo die Vollkommenheit wohnt, aus dem Dunkel hinaus ins Licht, in die Freiheit, zum Erfolg!
Glaube doch nicht, dass dein Urbild erlöschen müsse, weil du dich in irgendeinem dir widerlichen Beruf quälst, weil du niemand hast, der dir hilft, für deine betagten Eltern oder kranken Geschwister zu sorgen. Mühe dich weiter, so gut du kannst, und behaupte vor dir selbst immer wieder deine göttliche Kraft, zu erlangen, was du dir wünschst. Hunderte und Tausende von jungen Leuten und jungen Mädchen haben unter ungünstigeren Verhältnissen Unsterbliches geleistet, weil sie an ihr Urbild und ihre Kraft, es zu verwirklichen, glaubten.
Edison hat durch das unausgesetzte Richten seiner Gedanken auf die Lösung wissenschaftlicher Fragen und seinen Glauben an seine eigene Fähigkeit, sie zu lösen, die Kräfte an sich gezogen, die ihn zum größten der Erfinder gemacht haben. Sein Verstand lief gewissermaßen immer vor ihm her und vergegenwärtigte sich die Erfindungen, die er sich dann bemühte, zur Wirklichkeit zu machen. Immer sah er sich selbst in Gedanken schon weiter gekommen, höher gestiegen, und sein Erfolg hat sein Urbild und seinen Glauben daran nicht betrogen.
Meint ihr, Edison wäre das geworden, was er geworden ist, wenn er den Glauben an sich selbst verloren hätte, wenn er sich durch Hindernisse hätte entmutigen lassen? Wer Vertrauen hat und arbeitet, dem öffnen sich immer die Pforten, bieten sich stets günstige Gelegenheiten. Aber nichts bietet sich den Schwachen, den Zweifelnden und Schwankenden, die an ihre eigene Göttlichkeit, ihre Kraft zu überwinden, nicht glauben.
Wie dunkel und schwierig auch dein Weg sein mag, stelle dir nur immer vor, du tragest eine Laterne in der Hand, die den Weg vor dir beleuchte und dir Licht genug für den nächsten Schritt spende, und ob es auch weiterhin noch so finster und entmutigend aussehen mag, bis du dorthin gelangst, ist auch das Licht in deiner Hand mit dir dort. Mehr Licht als für den nächsten Schritt brauchst du nicht, um gewiss zu sein, dass du auf dem rechten Pfad bist. Der göttliche Plan, nach dem wir geschaffen sind und der uns in den Plan des großen Weltganzen einreiht, wird alles besser machen als wir es könnten, wenn nur wir das Unsrige dazu tun.
Schaut zurück auf euer Leben, ihr durch eigene Kraft emporgekommenen Männer und Frauen! Seht doch, wie wunderbar sich euch die Türen aufgetan haben, wie das Dunkel Licht geworden ist, so dass ihr in das Eden eures Traumes eingehen und die Dinge vollbringen konntet, von denen ihr so lange geträumt hattet.
Gottlieb Daimler war ein Träumer und schaute Gesichte, die ihm den kleinen Motor zeigten, der erst die Automobile, die Luftschiffe und die Unterseeboote möglich machte. Der Graf Zeppelin schaute im Geist das wunderbare Urbild eines lenkbaren Luftschiffes und träumte trotz aller anfänglichen Misserfolge davon weiter, bis es zur Tatsache geworden war. Hätte Elias Howe nicht von einer Nähmaschine geträumt, so wären die Frauen noch heute die Sklavinnen der Nadel. Alle diese Leute, jeder Erfinder, jeder Entdecker, jeder, der das Menschengeschlecht erhoben und gefördert hat, sie alle haben trotz unglaublicher Leiden und Hindernisse ihr Traumbild festgehalten. Nichts konnte sie in ihrem Vorsatz wankend machen oder ihren Glauben an ihre Kraft, ihr Traumbild zur Wirklichkeit werden zu lassen, erschüttern. Und darum haben sie auch ihr Ziel erreicht.
Die Menschen haben gerade so weit Erfolg, als sie ihr Traumbild und ihre Vorsätze unerschütterlich festhalten. Hast du einmal den Punkt gefunden, wo ein Mensch nachlässt, wo er sich selbst aufgibt, wo er kehrt macht, dann vermagst du ihn und seinen Erfolg leicht zu bemessen.
Wer stetig, unablässig, unentwegt seinem Ziel entgegengeht, ob ihm dieses Ziel immer erreichbar ist oder nicht, wer sich durch keine Hindernisse, keine Schwierigkeiten abhalten und entmutigen lässt, das ist der Mann, der den Sieg gewinnt. Immer schreitet er weiter voran, gerade wie Kolumbus, der einen Tag wie den andern in sein Schiffsbuch schrieb, ob auch seine Matrosen meuterten und drohten, ihn in Ketten zu legen und über Bord zu werfen: „Heute hielten wir den Kurs nach Westen, denn das ist unser Ziel.“ Das war sein täglicher Bericht, denn er hatte keine andere Aufgabe, als nach Westen zu segeln. Ein Mann von so unerschütterlichem Vorsatz wie Kolumbus wäre nicht umgekehrt, und wenn auch sein Schiffsvolk jeden Tag gemeutert hätte, darum war er auch unbesiegbar. Nur der Tod hätte ihn abhalten können, seine Bahn weiter zu verfolgen.
Steuere, mutiger Segler! Es mag der Witz dich verhöhnen,
Und der Schiffer am Steu’r senken die lässige Hand.
Immer, immer nach West! Dort muss die Küste sich zeigen,
Liegt sie doch deutlich und liegt schimmernd vor deinem Verstand.
Traue dem leitenden Gott und folge dem schweigenden Weltmeer;
Wär‘ sie noch nicht, sie stieg‘ jetzt aus den Fluten empor.
Mit dem Genius steht die Natur in ewigem Bunde:
Was der eine verspricht, leistet die andre gewiss.
Schiller.
Die Naturgeschichte sagt uns, dass sich die Flügel des Adlers im Verhältnis zu seinem wachsenden Trieb zu fliegen, sich in die Lüfte zu erheben, entwickeln. Dein Sehnen und Verlangen nach etwas Höherem und Größerem, deine Bestrebungen, unterstützt durch einen unerschütterlichen Vorsatz, werden dir Flügel verleihen, werden die in dir schlummernden Kräfte wecken, so dass du dich über deine mittelmäßige Umgebung bis zum vollen Maße deiner Möglichkeiten zu erheben vermagst.
Die Grenze deines Glaubens an dein Urbild und an dich selbst ist die Grenze deines Erfolges. Der Glaube ist die größte magnetische Kraft, die wir kennen, um die Dinge, die unser eigen sind, anzuziehen.
Wo das Selbstvertrauen schwach ist, da ist auch der Wille schwach. Die meisten Menschen strengen ihren Willen, Hindernisse zu überwinden, nicht wirklich bis aufs Äußerste an, weil ihre Vorsätze nur schwach und unklar sind. Sie sind von ihrem Urbild nicht völlig eingenommen, und darum kommt ihnen der kräftige Entschluss, der feste Wille, die treibende Kraft, die trotz aller Hindernisse den Sieg gewinnen, nicht zu Hilfe. Hinter ihnen steht nicht der sieghafte Wille, der hochgespannte Wunsch, ihr Urbild zur Wirklichkeit zu machen, die zu steter Arbeit und jedem Opfer stacheln und treiben.
Ein Wunsch, ein Verlangen steckt hinter jedem Erfolg; sie sind die bildende und treibende Kraft bei jedem Fortschritt der Welt. Unsre Städte stellen die Wünsche, das Verlangen derer dar, die sie gebaut haben. Jede Eisenbahn ist ein Bündel von Wünschen und Verlangen, von Entdeckungen der Erfinder, von Wünschen und Verlangen der Ingenieure. Unsre Bibliotheken bestehen aus nichts als aus einer Menge von Wünschen der Schriftsteller, die die Bücher geschrieben haben. Unsre Schulen, unsre Gymnasien, unsre Hochschulen sind nichts als erfüllte Wünsche, zur Wirklichkeit gewordene Träume derer, die sie gegründet haben. Alles Gesetz und alle Ordnung gründen sich auf Wünsche. Unser ganzes Leben, unser Heim, unsre Freunde sind zur Wirklichkeit gewordenes Verlangen.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen körperlichem Sehnen, der Wirkung von körperlichen Wünschen und Begierden und dem Sehnen und Verlangen der Seele. In dem Sehnen unsrer Seele spricht wirklich der Gott in uns, es ist der Ausdruck der Göttlichkeit unsres Innern, des Weltgeistes. Es öffnet die Fenster unsres Geistes und gewährt uns einen Ausblick auf die Wirklichkeiten, die von Anbeginn der Welt für uns bereitet waren. Dieses Sehnen gibt nicht leere Vorstellungen, sondern das Wesentliche und Wirkliche gehoffter und ungesehener Dinge; es ist der Vorverkündiger der Dinge selbst.
Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn,
Erzeugt im Gehirne des Toren.
Im Herzen kündet es laut sich an:
Zu was Besserem sind wir geboren,
Und was die innere Stimme spricht,
Das täuscht die hoffende Seele nicht.
Schiller.
Wir sind sehr geneigt zu denken, was wir in dieser Welt tun und wirken, unsre Lebensarbeit, das sei eine rein persönliche Sache. Aber wer es ernst nimmt, der fühlt ein Etwas in sich, das ihn zu dem hindrängt, was sein eigentlicher Beruf ist, zu den Dingen, die zu vollbringen er geschaffen ist. Ein junger Mensch meldet sich auf eine Anzeige in der Zeitung hin und bekommt so eine Stelle, für die er durchaus nicht passt. Nun lässt ihn aber dieser göttliche Trieb nicht in Ruhe, bis er die Stelle wechselt. Immer und immer wieder kann es geschehen, dass er der eckige Pflock in einem runden Loch ist, aber dieser innere Trieb – man heiße ihn Ehrgeiz, Streben, göttliche Führung, wie man will – lässt ihm keine Ruhe, bis er das ihm Entsprechende, den Platz für den er passt, gefunden hat.
In jedem Menschen ist dieser göttliche Trieb tätig. Jedem Menschen ist schon bei der Geburt ein göttlicher Bote zugeordnet, der ihn durchs Leben begleitet. Dieser göttliche Bote dient als Führer, deutet immer auf die rechte Straße und warnt vor der falschen. Wer dieser göttlichen Mahnung folgt, der kommt schließlich in sein Eigentum. Die geheimnisvolle Rastlosigkeit unsres Innern, die uns immer mahnt und treibt, ist der Ausdruck des göttlichen Gesetzes, das in jedem Atom, in jedem Elektron des Weltalls wirksam ist. Es ist der göttliche Antrieb, der alles zu immer größerer Höhe emporhebt. Alles im Weltall ist auf dem Weg zur Vollkommenheit, auf dem Weg zu seinem Gott.
Wir sind in die Welt gestellt, um die Menschheit zu immer größerer Höhe zu erheben, indem wir unser Traumbild zur Wirklichkeit zu machen streben, indem wir unser Allerbestes tun.
Im Evangelium Johannis steht: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit zeugen soll.“ Die meisten Menschen denken offenbar nicht daran, dass auch sie zu einem bestimmten Zweck in die Welt gekommen sind, oder dass sie die Verpflichtung haben, „die Wahrheit zu zeugen“. Sie machen sich augenscheinlich nicht klar, dass es ihre Aufgabe ist, die Botschaft, die ihnen bei ihrer Geburt anvertraut wurde, weiterzutragen, das Urbild, das ihnen ihre erhabensten Augenblicke zeigen, zu verwirklichen. Viele handeln so, als ob es ihre Aufgabe wäre, alles, was irgend möglich ist, für sich selbst zu erlisten und zu erraffen; sie meinen, sie hätten nur Verpflichtungen gegen sich selbst und ihre eigene Familie.
Diese Menschen betrachten die Welt, in der sie ihre Augen aufschlagen, als einen Jagdgrund für die Befriedigung ihrer persönlichen Wünsche, und als ihnen mit Recht gehörig alles, was sie sich ohne Kosten anzueignen vermögen. Sie denken nicht im Schlaf daran, dass durch die vielen Millionen Menschen, die vor ihnen gelebt haben, die Welt für sie bereitet worden ist, dass sie die Erben derer sind, die vor ihnen waren, und dass es ihre Ehrenpflicht ist, für die, die nach ihnen kommen, das Erbe zu mehren. Wir Menschen unserer Zeit haben die Früchte von andrer Leute Arbeit geerntet, die Früchte von ihren Erfindungen und Entdeckungen, die sie mit harter Arbeit, mit Leiden und Kämpfen aller Art bezahlt haben. Unsre Aufgabe ist es, ihr Werk fortzusetzen und die Gesichte, die wir in den Augenblicken unsrer göttlichsten Begeisterung schauen, zur Wirklichkeit zu machen.
Unsrer Eingebung, dem Sehnen unsrer Seele zu folgen, das ist der Weg zu diesem Ziel. Jedermann strebt unwillkürlich dem Urbild seiner Seele zu und wird in keiner andern Richtung große Fortschritte machen als in der, wohin sein alles beherrschender Gedanke geht, sein sehnlichster Wunsch, sein kräftigster Trieb. Die Kraft der Vergegenwärtigung ist eines der großen Geheimnisse der Charakterbildung und des Erfolges.
Wir wachsen mit dem Urbild unsres Innern. Jede Erhebung, jeder Fortschritt ist zuerst geistig und auf den Glauben an ein verwirklichtes Urbild gegründet. Mit einem Urbild fängt alles an und der Erfolg entspricht jederzeit der Natur dieses Urbildes und unsrem Glauben daran.
Jedermann wird das, was sein Urbild ist, er ist die Verwirklichung des Urbildes, das sein Leben beherrscht und dem er unausgesetzt nachstrebt.
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